Lebenselixier

Dünger zwischen Zauberkraft und Sprengstoff
26.10.2023 – 07.04.2024

Düngemittel haben einen schlechten Ruf: Sie stinken und belasten möglicherweise die Umwelt. Aber ohne sie können wir nicht leben. Ohne Dünger hätte die Hälfte der Weltbevölkerung schlicht nichts zu essen. Grund genug also, sich diese Lebenselixiere einmal genauer anzuschauen.

Die Ausstellung beginnt mit einer historischen Rückschau. Sie erzählt vom Guano-Boom ab dem 19. Jahrhundert mit seinen Kriegen und Eroberungen. Von Robert Malthus dunklen Voraussagen, die Bevölkerung wachse schneller als die Ernteerträge, und Justus von Liebigs und John Bennet Lawes Forschungen und Experimenten im Feld, die Malthus‘ Prophezeiungen widerlegen sollten. Schließlich von der Erfindung, Stickstoff als wichtigstes Düngemittel aus der Luft zu gewinnen („Haber-Bosch-Verfahren“) – und damit gleichzeitig Sprengstoff für den Ersten Weltkrieg. Für Sprengstoff ganz anderer Art sorgt der seit den 1960er Jahren im Westen sprunghaft angestiegene Kunstdüngerverbrauch mit seinem produktionsbedingt hohen CO2-Ausstoß, sorgt die Ausbringung von Gülle, die zu Belastungen des Grundwassers führen kann, und sorgt auch die neue europäische Düngemittelverordnung, die nicht bei allen Landwirt:innen gut ankommt. In diesem Zusammenhang lässt die Schau Ulmer konventionelle und Bio-Landwirt:innen zu Wort kommen und erzählen, wie sie düngen und warum, und welche Herausforderungen sie dabei sehen. Der Blick geht jedoch auch in die Welt nach Simbabwe in Afrika und Buthan in Asien und betrachtet ökologische Landbauprojekte. Schließlich geht es aber auch um wegweisende Projekte und Zukunftsideen. So arbeiten Firmen und das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) an der Entwicklung von Kunstdünger, der ohne fossile Energien hergestellt wird. Und beim Blick in die Kläranlage stellt sich die Frage, wie wir eigentlich mit den Nährstoffen umgehen, die durch die Toilette weggespült werden. Ist es nicht sinnvoll und geboten, daraus wieder Dünger zu machen, um Lebensmittel wachsen zu lassen? Das jedenfalls ist der Ansatz des jungen Unternehmens Finizio und des Konsortiums Zierkulierbar. Was in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt, ist in anderen Teilen der Welt zumindest in Modellprojekten bereits Wirklichkeit; ein Projekt aus Bangladesh stellen wir vor.

Die Ausstellung ist thematisch gegliedert. Jedes Thema wird von einer realen historischen oder lebenden Person vorgestellt. So ist es zum Beispiel der Forscher Alexander von Humboldt, der 1802 Guano aus Peru mit nach Europa brachte und wesentlich zur Blüte des Guano-Imports beitrug. Dieses Kapitel wird deshalb von Humboldt präsentiert.
Zu sehen sind Fotos, Videos und Objekte und kleinere Installationen.
Eine Reihe von Kunstwerken macht verschiedene Aspekte rund um Dünger zudem auf überraschende Weise anschaulich und steuert eine weitere Reflexionsebene bei. Zu sehen sind u.a. Werke von Anca Benera und Arnold Estefán, Joseph Beuys, Sinje Dillenkofer, Thomas Feuerstein, Sheela Gowda, Marc Hautmann, Claire Pentecost, Léopold Rabus, Diana Scherer, Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger.

Kuratorin
Dr. Isabel Greschat